Förderung der Kommunikation

Kommunikation wird oft mit Sprache gleichgesetzt. Sie sind auch eng miteinander verbunden – aber eben doch nicht dasselbe.  

Kommunikation bedeutet, dass ich auf jemanden zugehe und etwas mitteile und umgekehrt. Die Art, wie ich kommuniziere, kann mit Hilfe der verbalen Sprache geschehen.

Kommunikation ist die Verständigung und der Austausch von bestimmten Bedeutungen und Inhalten. Das Mittel, welches Menschen in der Regel dafür einsetzen, ist die verbale Sprache. Wir können auch ohne Sprache kommunizieren, mit Zeichen oder Piktogrammen. Man kann aber auch Sprechen ohne zu kommunizieren. Einige Menschen äussern wiederholt Wörter, oder ganze Sätze, aber für niemand bestimmtes. Dies ist dann keine zielgerichtete Kommunikation, und wird als Echolalie bezeichnet.

Kommunikation kann bewusst oder auch unbewusst stattfinden; Rot werden, zittern, schreien… Wenn ich meine Ideen oder meine Gefühle einer Person mitteilen möchte, dann kommuniziere ich. Meistens verwende ich dafür die verbale Sprache. In einem Land, in welcher ich die Sprache nicht beherrsche, werde ich auf eine andere Art versuchen, mich auszudrücken, wahrscheinlich über Gestik, Mimik, oder Zeichnungen, was nicht einfach ist.

In der Kommunikation unterscheiden wir zwischen dem, was wir mitteilen («expressiv»), und dem was uns mitgeteilt wird («rezeptiv»).

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In der Kommunikation unterscheiden wir zwischen dem, was wir mitteilen («expressiv») – und dem, was uns mitgeteilt wird («rezeptiv»).

Wenn wir einer nonverbalen Person eine verbale Information geben, empfängt sie vielfach nur einen Ton. Diesen Ton nimmt sie eventuell wahr, nicht aber den sprachlichen Inhalt. Wir sagen der Person «zieh die Jacke an». Sie wird, wenn sie noch auf die menschliche Sprache reagiert, den Ton wahrnehmen. Und weil die sprechende Person unmittelbar nach dieser Äusserung ihr die Jacke hinhält, wird sie diese mit der Zeit nach diesem spezifischen Ton «ziehdiejackean» auch immer anziehen. Aber die Sprache selber erkennt die nonverbale Person nicht.

Möglicherweise hat die nonverbale Person aber die Töne schon lange ausgeblendet, weil diese für sie keine Bedeutung haben, so dass sie nicht mehr auf die menschliche Sprache reagiert. In dem Fall wird sie auch die Anweisung nicht deuten können, und die Jacke nicht anziehen.

In der Regel ist die verbale Sprache für Menschen mit Schwierigkeiten im Bereich der Kommunikation schwerer zu verstehen, weil die Abstände zwischen Wörtern fehlen, die beim Lesen sichtbar sind. «Zieh die Jacke an, wir machen einen Spaziergang.» wird so zu «ziehdiejackean-wirmacheneinenspaziergang.»

Nonverbale autistische Personen müssen zuerst verstehen, dass die Töne, die aus den Mündern der anderen kommen, eine Bedeutung, einen Sinn haben.  

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Nonverbale autistische Personen müssen zuerst verstehen, dass die Töne, die aus den Mündern von anderen kommen, auch eine Bedeutung haben und einen Sinn ergeben.

Die erste Priorität in der Arbeit mit nonverbalen Menschen ist für uns, die Kommunikation zu ermöglichen mit einem Mittel, welches am besten für diese Person geeignet ist, was nicht unbedingt die Sprache ist. Aber das ist eine sehr komplexe Aufgabe.

Bevor wir damit anfangen können, müssen wir herausfinden, welche Kommunikations-Kompetenzen diese Person besitzt. Dann lehren wir sie, diese im Alltag anzuwenden – zum Beispiel, um einen Gegenstand zu erhalten, etwas mitzuteilen, etwas zu fragen, oder auch einfach «nein» sagen zu können.

Nehmen wir an, eine Betreuerin möchte mit Hans auf das Trampolin, weil sie denkt, dass ihm das Spass macht. Ihn ängstigt aber, keinen sicheren Boden unter den Füssen zu haben. Wie kann er ihr ohne Kommunikationsmittel sagen, dass er nicht auf das Trampolin will? Womöglich beginnt er zu schlagen, oder zu beissen, denn er hat keine andere Möglichkeit, sich mitzuteilen.

Viele nonverbale Menschen mit Autismus sind sehr geschickte Nachahmer. So können wir ihnen durch Nachahmung vieles beibringen. Wir winken und sie machen es nach, verstehen aber nicht, was «winken» bedeutet. Das gleiche gilt zum Beispiel auf etwas zeigen. So haben sie ein paar Gebärden gelernt, die sie wahrscheinlich auch immer wieder machen. Sie können sie im Alltag aber nicht gezielt für sich einsetzen, denn ihnen fehlt das Konzept dahinter.

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Diese Erkenntnisse werden den Umgang mit Kommunikation völlig verändern. Zum Beispiel lernen unsere Klienten, auf eine visuelle Art nach etwas fragen zu können.

Diese Erkenntnisse werden den therapeutischen Umgang mit Kommunikation völlig verändern. Wir haben mit unseren Klienten immer mit einer Funktion der Sprache begonnen. Zum Beispiel auf eine visuelle Art nach etwas fragen können, so dass diese Person dann in der Lage war, in anderen Situationen nach etwas zu fragen.

Menschen ohne Kommunikationsmittel haben nicht die Möglichkeit sich zu äussern, ihre Bedürfnisse und Empfindungen mitzuteilen. Sie befinden sich in einer permanenten Situation der Frustration. Um sich verständlich zu machen, zeigen sie eventuell herausfordernde Verhaltensweisen, da dies oft die einzige Möglichkeit ist, sich zu äussern. Herausfordernde Verhaltensweisen führen aber oft zu frustrierenden falschen Interpretationen, was wiederum die herausfordernden Verhaltensweisen verstärkt, usw…

So lange wir nicht auf der Kommunikationsebene systematisch intervenieren, werden diese Menschen viel an Lebensqualität verlieren, und viele Restriktionen erleben. Es ist ethisch nicht vertretbar, einen Menschen ohne Kommunikationssystem zu belassen. 

Quellenverzeichnis

DSM-5, Abkürzung für «Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders», ist in den USA und Europa ein diagnostischer und statistischer Leitfaden für psychische Störungen.

Dunn, M. et al., «Autism spectrum disorders», zitiert in: I. Rapin and S. Segalowitz (Eds) «The Handbook of Neuropsychology Vol 8: Child Neuropsychology», Elsevier, Amsterdam 2003.

Dunn, M., zitiert in «Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter». AWFM online, Portal der wissenschaftlichen Medizin, Berlin 2021.

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